WERKE

Das beispielhafte Leben des Samuel W.

Theaterstück, 2024

Auf einer Wahlversammlung treffen Menschen aufeinander, Politiker und Wähler, Presse und Parteikollegen, politische Gegner. Die Spannung ist groß kurz vor der Wahl. Es gibt zwei aussichtsreiche Kandidaten – den Bürgermeister und Samuel W. – und jede Menge Fragen: „Wer ist Samuel W.? Ein Gedanke? Eine Idee? Steht Samuel W. für einen Ort? Oder für eine Zeit? Ist er wir?“

Im Auftrag des Gerhart-Hauptmann-Theaters hat Lukas Rietzschel ein Stück geschrieben. Es stellt viele Fragen und besteht, das stellt der Autor dem Werk voran, aus einhundert Gesprächen. Zwischen Januar und September 2022 hat der Romancier und Theaterautor, der seit einigen Jahren in Görlitz lebt, diese unter anderem in der Neißestadt geführt und so könnte man, stünde da nicht das Adjektiv „beispielhaft“ im Titel, meinen, es spiele ganz ohne Zweifel in unserer Region. Ja, Lukas Rietzschel zeichnet zwar das Leben eines Politikers nach, der in der DDR geboren ist, in einer Gegend mit Braunkohlegruben, mit Smog, Ruß und Dreck, mit Menschen, die darüber nachdenken, ob sie ihre Heimat verlassen müssen, weil sie nicht mehr lebenswert ist – doch dies alles gibt es ja nicht nur hier. Und dann ist da dieser Samuel W., der nicht auftritt und doch immer anwesend ist, der Politiker wird und einer offensichtlich radikalen Partei beitritt, obwohl er doch hier… oder etwa, weil er hier aufgewachsen ist? „Ist er wir? Einer von uns?“

Gestaltung:

Pressestimmen

„Es ist – bei allem Ernst – in Momenten sehr humorvoll, es geht liebevoll mit den Personen um, die der Autor interviewt hat. … Jeder wird es selbst interpretieren, jeder wird sich woanders dunkle Flecke auf die „weiße Weste“ denken – das ist das Prinzip. … Man spürt regelrecht, wie einzelne Sätze im Publikum ankommen, wenn Leute sich wiedererkennen.“
Matthias Schmidt, Theater der Zeit

 

„ein großartiger lustiger, beunruhigender Theaterabend …was für ein Abend hier am Rande von Deutschland im Schnee, während anderswo Hunderttausende demonstrieren“
Volker Weidermann, Die Zeit

„Womit man auf der Bühne wäre, bei den Proben, wo es tatsächlich alles andere als belehrend zugeht. In einem Kleinbürgeridyll aus Pool, Jägerzaun und Kraftfahrzeug stehen die fünf Darsteller nun an einer Tischtennisplatte und geben die hundert Stimmen wieder. Mal geht es um Samuel W., mal driften sie ab, da geht es auf einmal um Cowboys und Indianer. … Was man hier zu hören bekommen wird, dürfte aufschlussreich sein, manchmal auch unterhaltsam. Aber beklemmend wird es eben auch.“
Marcel Laskus, Süddeutsche Zeitung

Raumfahrer

Roman, 2021

Gebäude lassen sich abtragen und neu aufbauen, Erinnerungen nicht

Jan und seine Eltern sprechen nicht viel über das Heute und erst recht nicht über das Gestern. Erst als Herr Kern auftaucht, kommt das fragile Gleichgewicht der Familie ins Wanken: Welche Beziehung führte Jans Mutter mit dem Vater von Herrn Kern? Und was haben die Kerns mit der Kunst von Georg Baselitz zu tun? Immer weiter arbeitet sich Jan durch das Schweigen mehrerer Generationen, taucht ein in die Geschichte der Baselitz-Brüder, die Geschichte seiner Eltern und begreift, dass die Gegenwart nicht nur aus der eigenen Vergangenheit besteht.
Behutsam und voller Empathie zeichnet Lukas Rietzschel ein eindrückliches Bild von Menschen, die durch große gesellschaftliche und politische Veränderungen geprägt sind — und von Verletzungen, die sich durch Generationen hindurchziehen und scheinbar nie verheilen.

Pressestimmen

Es gehört zu Rietzschels sparsamer Erzählweise, vieles nur anzudeuten und die Einzelheiten hart nebeneinander stehen zu lassen. Er schreibt in kurzen, stakkatohaft hingetupften Sätzen. Das macht den Reiz dieses Romans aus.«
Süddeutsche Zeitung

 

Kaum ein Autor schreibt derzeit empathischer über Männlichkeit.
Deutschlandfunk

Der Roman ›Raumfahrer‹ ist feine, große Literatur.
Welt am Sonntag

Das starke Werk eines talentierten Autors, von dem noch einiges zu erwarten ist.
Der Tagesspiegel

In einem Roman, in dem nahezu jede Figur mit den Zwängen, Fallen und Verhärtungen ihres Lebens kämpft, nimmt sich der Autor eine erstaunliche Freiheit heraus: Lukas Rietzschel leiht sich Namen und biographische Versatzstücke, die hierzulande Klang und Assoziationsraum haben, und erfindet dazu Dialoge und Briefe.
FAZ

Widerstand

Theaterstück, 2021

„Lukas Rietzschel entwirft in großer Genauigkeit die Atmosphäre einer Gegenwart. Sein Text schaut sehr genau hin und hört seinen Figuren sehr genau zu: Dem, was sie sagen, und dem, was in der Stille dazwischen liegt. Dem, was geschieht, und dem, was daraus geschehen könnte. Einfache Antworten sucht der Text nicht, er verwirft sie, sogar die Figuren verwerfen sie. Stattdessen gibt „Widerstand“ in konzentrierten Dialogen und in scharfer Beobachtung das Bild einer Gesellschaft, deren Substanz Risse hat, die größer werden. Und die mit Argumenten nur noch schwer zu kitten sind.“

Gestaltung: HawaiiF3 & Bureau Est

Pressestimmen

Geschickt verstrickt Rietzschel mehrere thematische Bewegungen miteinander, und alle zeigen Zerfall – zwischen der großen Stadt und der entkernten Provinz, zwischen Frauen und Männern, zwischen letztem Rest von Zivilisation und richtungslos-rechtem Terror. Rietzschels kleine Welt ist krank, dämmert hoffnungslos dem Ende entgegen. (…) Der junge Autor ist auf bestem Weg zum Dramatiker. Das Schauspiel Leipzig tat gut daran, ihm diesen Stückauftrag zu geben.
Deutschlandfunk Kultur

Zweifelsohne zählt dieses bildreiche Panoptikum verlorener Seelen zu den exzellentesten Realisierungen auf der digitalen Bühne!
Die deutsche Bühne

Das Beste an dem Stück sind Rietzschels meisterhafte knappe Dialoge
Rainer Kasselt, Sächsische Zeitung

In mancher Hinsicht ist sein Stück eine Hommage an den französischen Autorsoziologen Didier Eribon, der mit „Rückkehr nach Reims“ eine Art Standartwerk autobiographischer Annäherung an die heimatliche Provinz und ihre politischen Unwägbarkeiten geschrieben hat.
Simon Strauß, FAZ

Mit der Faust in die Welt schlagen

Roman, 2018

Philipp und Tobias wachsen in der Provinz Sachsens auf. Im Sommer flirrt hier die Luft über den Betonplatten, im Winter bricht der Frost die Straßen auf. Der Hausbau der Eltern scheint der Aufbruch in ein neues Leben zu sein. Doch hinter den Bäumen liegen vergessen die industriellen Hinterlassenschaften der DDR, schimmert die Oberfläche der Tagebauseen, hinter der Gleichförmigkeit des Alltags schwelt die Angst vor dem Verlust der Heimat. Die Perspektivlosigkeit wird für Philipp und Tobias immer bedrohlicher. Als es zu Aufmärschen in Dresden kommt und auch ihr Heimatort Flüchtlinge aufnehmen soll, eskaliert die Situation. Während sich der eine Bruder in sich selbst zurückzieht, sucht der andere ein Ventil für seine Wut. 

Pressestimmen

Rietzschel – und das ist für das Debüt eines 1994 geborenen keine geringe Leistung – gibt eine tiefenpsychologische und zugleich literarisch stimmige Auskunft über Ostdeutschland. Seine Erzählstimme lässt Figuren lebendig werden, wie man sie in dieser erstickten Masse aus Einsamkeit, Enthausung und Empathielosigkeit zuletzt in Christoph Heins „Der fremde Freud“ gelesen zu haben glaubt.
Die Welt

Vorsichtig, aber rasant, kaum Adjektive, oft sogar ohne Verben. Reduzierte, helle, klare Sprache, manchmal ein Satz ein Wort. […] Das ist einfach sehr gut beobachtet und schön und poetisch und genau geschrieben.
DER SPIEGEL

Kunstvoll ist das gebaut. Beinahe zwangsläufig muss man an Clemens Meyer und dessen Figuren denken. […] Rietzschels Protagonisten kommen aus einer ähnlichen Welt und sind ebenso darin gefangen. In gewisser Hinsicht ist sein Buch ein „Als wir träumten 2.0“. Eine Generation später, auf dem Lande, deutlich desillusionierter.
FAZ